Sensorische Checkliste für Einkäufer

Sensorische Checkliste für Einkäufer

Sensorische Qualifikationen, wie man sie im Biersommelierwesen erwirbt, sind nicht nur im Kontakt mit Kunden oder Gästen sehr gefragt, sondern insbesondere auch in den Einkaufsabteilungen. Ob beim Einkauf von Bierkisten, Umverpackungen, Etiketten, Kronenkorken, Biergläser oder Werbemittel – positive sensorische Wahrnehmungen sind kaufentscheidend. Ob das scharfkantige, zum splittern neigende Glas, der tief einschneidende Tragegriff der Bierkiste oder das hochglänzend kunststoffkaschierte Papier eines Werbefolders einer Biobrauerei – kleine Unstimmigkeit in der sensorischen Gütebewertung kann das mühevoll gebastelte Kartenhaus einer Werbekampagne zum Einsturz bringen. Im Einkauf unterscheiden wir in die Phase der Vorselektion, der Phase des Probelaufs und der Phase der Endlieferung mit der großtechnischen Umsetzung. Überall brauchen wir dabei unsere geschulten Sinne:

Optische Prüfungen:

Hier fühlt sich jeder designorientierte Marketingspezialist zuhause. Mit unseren Augen prüfen wir Farbharmonien, Proportionen, den korrekten Einsatz von Logos und Schriften, genauso wie die Stimmigkeit aller Texte hinsichtlich Inhalt, Deklarationsvorschriften, Rechtschreibfehler, Vollständigkeit usw. Unsere Sensibilität auf optische Fehlreize lässt uns beispielsweise beim Druck Blitzer, Ränder und unzureichende Farbauftragungen erkennen.

Haptische Prüfungen:

Instinktiv gehen wir beim Shoppen durch den Laden und greifen an…ob bei Früchten den Reifegrad zu erkennen oder bei Kleidungsstücken den Tragekomfort zu ermitteln. Beim Glaseinkauf prüfen wir haptisch den Schwerpunkt im vollen und leeren Zustand und damit die Standfestigkeit. Wer einmal Plastikbecher mit Biergläsern oder Tonkrügen verglichen hat, merkt, wie die Temperatur und die Materialstabilität enormen Einfluss auf die Bewertung der Frische haben. Und wie die unterschiedlichen Gewichte die Körperspannungen verändern und damit auch die geschmacklichen Wahrnehmungen. Bei Kartonagen können wir die Materialstärken erfühlen, Rauigkeiten und Glattheiten ertasten und damit auch Aussagen über den Schutz vor Schmutz, Nässe, Licht oder äußere Gewalt treffen.

Olfaktorische und gustatorische Prüfungen:

Die Einflüsse des Bierglas-Designs auf die geruchliche und geschmackliche Wahrnehmung sind mittlerweile hinreichend bekannt und ein Spezialgebiet unserer Akademie. Aber auch muffige Umkartons oder milchig-säuerlich riechende Kaseinleim-Etikettierungen können beim Kunden Unmut auslösen.

Akustische Prüfungen:

Das charakteristische Plopp beim Öffnen einer Bügelverschlussflasche ist legendär, Ottakringer entwickelte 2005 sogar einen Frischeverschluss mit dem einzigartigen „Blopp“-Öffnungssound  und auch die herumsausende, cremabildende Widget-Kugel in einer Guinness-Dose macht so richtig Trinklust. Je nach Flaschenform „gluckert“ das Bier beim Ausgießen anders und auch die Glasform als Resonanzkörper vermittelt unterschiedliche akustische Qualitäten.

Wir können daher nur empfehlen, Mitarbeiter aus den Bereich Produktentwicklung oder Einkauf auch sensorisch gut zu schulen. Schließlich ist die Güte eines Produktes mehr als die Summe seiner Einzelteile. Ein perfektes Bier, im falschen Glas serviert, kann die Arbeit des Braumeisters zunichte machen. Hier ist also bereichsübergreifendes, sensorisches Teamworking gefragt.