Prolog
In der Symbolik der Brauwirtschaft spielt das geschwungene, kupferne Sudhaus eine große Rolle.
Egal ob bei berühmten Buchtiteln („Die Bierbrauerei“ von Ludwig Narziß und Werner Back, 2010 sowie „Ausgewählte Kapitel der Brauereitechnologie von Werner Back, 2008 u.a.), illustriert im Logo des Deutschen Brauer Bundes oder als eigenständige „Marke“ für bieraffine Events (www.sudhaus-kassel.de) – das Sudhaus ist DAS Zeichen für das Bierbrauen schlechthin.
Es ist nicht nur die einzigartige Form und Farbe, die die Menschen fasziniert und sogar in der modernen Industriearchitektur Einzug findet (z.B. im neuen Sudhausgebäude der Stieglbrauerei). Es ist auch der Werkstoff selber, der in der Geschichte und Kultur der Brauwirtschaft eine große Rolle gespielt hat und mit der Craftbier-Bewegung eine Renaissance erfährt.
Dieser Bericht soll die Vor- und Nachteile des Werkstoffs Kupfer im Sudhaus auf Basis der aktuellen Wissenschaft durchleuchten und dabei Anregungen liefern, die mit diesem Werkstoff produzierten Biere für den Konsumenten „schmackhaft“ zu machen.
Der Werkstoff Kupfer
In der Tat handelt es sich bei dem Begriff „Kupfersudhaus“ tatsächlich um Brauanlagen, die aus bearbeiteten reinen Kupferblechen mit einem Reinheitsgrad von über 99,9% gefertigt werden. In Spurenanteilen ist auch Phosphor enthalten.
Jedoch besteht ein kupfernes Sudhaus auch aus Bauteilen, die aufgrund anderer Anforderungen an Fertigung (z.B. Gußteile) und Härte statt aus Kupfer aus Kupferlegierungen bestehen. Die bekannteste Legierung ist dabei Kupfer mit Zink, auch als Messing bekannt. Besonders die Armaturen und der Senkboden im Läuterbottich sind aus Messing gefertigt.
Da natürliches Kupfergestein bereits bei rund 700°C in Anwesenheit eines Katalysators (Holzasche) Verflüssigungserscheinungen zeigt, wurde dieser Werkstoff schon sehr früh in der Menschheitsgeschichte, zufällig an Feuerstellen, entdeckt. So geht man heute davon aus, dass Kupfer seit rund 10.000 Jahren bekannt ist – also eine ähnliche Tradition hat wie die Bierbereitung!
Kupfer ist ein Werkstoff, der als Reinsubstanz bis heute funktioniert und kann daher im gleichen Atemzug mit Holz genannt werden – sehr ursprünglich, natürlich eben.
Kupfer ist ein wesentlicher Bestandteil von traditionell wertvollen Gegenständen wie Münzen oder Schmuck, was der Wertigkeit und das Image dieses Metalls widerspiegelt.
Das zeigt sich auch bei den Rohstoffpreisen: Kupferblech kostet rund 5mal soviel wie Edelstahlblech, was das Kupfersudhaus zu einem „Schatz“ macht.
Kupfer und Bierbrauerei
In historischen Büchern über Brautechnologie spielt das kupferne Sudhaus eine große Rolle. Insbesondere hatte der Werkstoff einige Vorteile, die man sich als Brauer zu Nutze machte. Nachfolgend daher eine Aufstellung der positiven Eigenschaften auf die Bierherstellung, ohne aber auch auf ein paar kritische Aspekte hinzuweisen.
Hervorragende Formbarkeit
Kupfer in seiner Reinstform hat eine sehr gute Formbarkeit im kalten Zustand und eine gute bei 750-950°C. Das macht den Kupferschmied zu einem Künstler, der in der Lage ist, aus Kupfer beliebige Formen, insbesondere runde und geschwungene Designs, zu kreieren. Aus physikalischen Gründen ist eine möglichst kugelförmige Gestalt der Sudpfanne wünschenswert (siehe auch unter „Gute Wärmeleitfähigkeit“ und „Ideales Strömungsverhalten“). Nachfolgend ein Bild eines solches Sudhauses aus dem 19. Jahrhundert:
Diese Formbarkeit ermöglicht auch die Fertigung von großen, runden Behältnissen ohne löten oder schweißen zu müssen und damit eine hohe Sicherheit gegen Undichtigkeiten bzw. Leckagen.
Die typische, geschwungene „Sudhausform“ entstand und ist bis heute das Symbol für das Brauhandwerk. Denn die Fertigung eines solchen kupfernen Ungetüms erforderte viel Geschick und Erfahrung des Kupferschmieds und gilt daher heute auch deshalb als Synonym für Handwerkskunst.
Nicht ohne Grund setzen viele Craftbrauer heute wieder auf Kupfer im Sudhausbau, da es Tradition, Handfertigkeit und Ästhetik symbolisiert.
Die spezielle Form fördert zudem die Ausdampfung (Kamineffekt) von unedlen Aromabestandteilen!
Gute Wärmeleitfähigkeit
Die Güte einer Sudpfanne zeigt sich bei der Würzekochung. Dabei sind zwei Faktoren relevant:
Eine schnelle Aufheizung. Umso schneller die Aufheizung der Würze auf Kochtemperatur ist, desto weniger sind die Würze-Inhaltsstoffe einer thermischen Belastung ausgesetzt, die anhand der sogenannten TBZ-Zahl analysiert werden. Umso höher die TBZ ist, desto dunkler sind sie und umso geringer ist ihre Geschmacksstabilität. Der Frischeeindruck verliert sich also schnell. Durch die sehr gute Wärmeleitfähigkeit von Kupfer, 25mal besser als Edelstahl, verteilt sich die Hitze der Feuerung unmittelbar auf die gesamte Oberfläche des Kessels. Die Würze wird also über die gesamte mit Würze benetzte Fläche des Sudkessels nahezu gleichmässig erwärmt, was einen großen Wärmeeintrag pro Zeiteinheit bedeutet. Entsprechend gut sind die Aufheizraten. Kupfer garantiert eine sehr zügige Aufheizung.
Eine gleichmässige Wärmeverteilung. Die Hitze beim Würzekochen wird für diverse chemische Umwandlungsprozesse benötigt. Bedeutend sind dabei die Isomerisierung der alpha-Säuren des Hopfens, die damit in Lösung gehen und die Bittere erhöhen, die Agglomeration (Zusammenballung) der Eiweiße mit anschließender Fällung im Whirlpool, Zufärbungen aus der Maillard-Reaktion, Austreibung von unedlen Bestandteilen, insbesondere DMS (Dimethylsulfid), Inaktivierung von Enzymen und Sterilisation. Durch den besonderen Werkstoff Kupfer sind Sudhausdesigns möglich, die ohne strömungstechnisch bedenkliche Ecken und Kanten auskommen. Gleichzeitig bedingt die über die gesamte benetzte Fläche eingetragene Wärme eine homogene Temperaturverteilung im Würzevolumen, ohne dass bei der praktizierten Direktbefeuerung die Würze anbrennt (Schleppkette o.ä. vorausgesetzt).
Auswaschung von chemischen Elementen
Kupfer ist grundsätzlich schwach reaktiv, kann aber mit Säuren (niedriger pH-Wert der Maische und Würze) und vor allem mit Sauerstoff heftig reagieren. Auch gibt es einen mechanischen Abrieb von allen in einem kupfernen Sudhaus verbauten Anlagenteilen. Im Wesentlichen sind dann folgende chemische Elemente zusätzlich in der Maische und Würze zu finden:
Cu: Kupfer-Ionen spielen bei der Käsefermentation eine ganz große Rolle. Die Enzymatik und auch die Fermentation der Milch nach Zugabe des Labs wird so positiv beeinflusst, dass dieser Prozess verpflichtend in Kupferbottichen stattfinden sollte, um guten Käse zu produzieren. Grundsätzlich weiß man, dass Kupfer antibakteriell wirkt. In öffentlichen Räumen werden daher auch Kupferlegierungen bei Türklinken eingesetzt oder der Schutzanstrich unter Booten sowie gewisse Pestizide sind kupferhaltig. Möglich also, dass deshalb Sudhäuser mit einem kupfernen Kühlschiff oder traditionellen kupfernen Berieselungskühlern mikrobiologisch sauberer arbeiten konnten.
Inwieweit Kupfer als Nährstoff positiv und ab wann es toxisch für die Hefe und letztendlich für den Menschen wirkt, hängt von der Menge ab und gehört im jeweiligen Anwendungsfall analysiert. In Mengen von 1-1,5mg ist Cu für den Menschen essentiell als Bestandteil von Enzymen, ab 40mg wird Kupfer toxisch. Insgesamt gilt Kupfer als ein Metall mit geringer Giftigkeit.
Zn: Zn-Ionen lösen sich aus den Messing-Bauteilen und gelten als essentielles Spurenelement für die Brauereihefe. Zink ist direkter Bestandteil der Alkoholdehydrogenase. Bei Mengen über 0,15mg/l wirkt sich Zink sehr positiv auf die Gärung und Hefevermehrung aus. Die Gärung verläuft zügiger, der Abbau von Diacetyl zum Ende der Gärung erfolgt vollständiger, die Gesamtgärzeit kann deutlich verkürzt werden. Die Biere schmecken dadurch reiner und frischer. Für den Menschen ist Zink außerordentlich wichtig, da es in allen biologischen Stoffkreisläufen mitwirkt. In der Regel leiden wir unter einer Mangelversorgung – Zinkpräparate werden soagr empfohlen.
P: Phosphor ist ebenfalls essentiell für jeden Organismus und kommt beispielsweise in der Erbsubstanz DNA vor. Phosphor gilt neben Zink als das chemische Element, was aufgrund eines Mangels das Wachstum bzw. die Vermehrung hemmt (Phosphor wird deshalb auch als Düngemittel eingesetzt). Phosphorauswaschungen führen daher zu einer flotteren und vollständigeren Gärung.
Zusammenfassend wirken sich die Auswaschungen aus einem kupfernen Sudhaus positiv auf die Hefevermehrung und Gärung aus, was wiederum die spätere Bierqualität verbessert. Für Menschen sind die Konzentrationen an Metall- und Erdalkali-Ionen aber viel zu gering, um kritisch zu sein!
Positive Oxidation
Wir schon erwähnt reagiert Kupfer heftig mit anwesenden Sauerstoff. Wassertropfen oder schweißige Fingerabdrücke verursachen daher in kürzester Zeit oxidative Flecken auf dem Metall. Das macht ein Kupfer-Sudhaus sehr pflegeintensiv, wenn man seinen schönen Glanz bewahren möchte. Positiv ausgedrückt zeugt ein funkelndes Kupfersudhaus von der Sauberkeitsphilosophie des Betriebs. Kupfer verzeiht nicht. Das Sudhaus ist also wirklich im wörtlichen Sinne das Aushängeschild für den Hygienestatus, was man sich entsprechend zu Nutze machen kann.
Kupfer interagiert aber auch mit dem gelösten Sauerstoff der Maische und Würze. Als Sauerstofffänger reagiert das Metall den Sauerstoff weg, so dass dieser eben nicht mit Aromastoffen des Malzes oder des Hopfens reagieren kann. Die daraus produzierten Bieren sind schlanker und reiner im Geschmack und verfügen über eine höhere Lagerstabilität.
Kupfer als Katalysator
Kupfer hat zumindest bei der Alkoholdestillation die Eigenschaft, ungute Schwefelsubstanzen katalytisch umzuwandeln und damit zu neutralisieren. Ob das berühmte schweflige DMS (Dimetylsulfid) in der Würze ebenfalls vom Werkstoff Kupfer während der Würzekochung neutralisiert werden kann, ist bisher wissenschaftlich noch nicht untersucht worden.
Kupfer in der Esoterik
Kupfer ist nicht magnetisch und daher kann sich auch kein Magnetfeld aufbauen, dessen Kräfte nach Meinung von Esoterikern negative Auswirkungen haben können.