Als Blend wird bei der Bier- und Whiskyherstellung der Verschnitt verschiedener Chargen bezeichnet. In der Weinkultur, wo zumeist Weine unterschiedlicher Rebsorten oder Lagen vermengt werden, werden auch die Begriffe Cuveé, Marriage oder Mélange verwendet.
Letztendlich ist die Kunst des Verschneidens so alt und traditionsreich wie das Produkt Bier selbst. Dabei liegen verschiedene, allesamt spannende Motive für das Blenden zugrunde, die ich aus brautechnologischer und bierkultureller Sicht durchleuchten möchte.
Vergleichmässigung der Qualität
Alle Naturprodukte unterliegen qualitativen Schwankungen. Die Komplexität aus Klima, Bodenzusammensetzung, äußeren Immissionen, menschlicher und technischer Einflüsse macht eine exakte Vorbestimmung der analytisch und sensorisch messbaren Qualitäten unmöglich. Das fängt bereits bei den Braurohstoffen an und setzt sich im Sudprozess fort. Die Folge: Jeder Sud ist anders! Ein Beispiel: Allein der Luftdruck, also ob gerade ein Hochdruckgebiet für Sonnenschein sorgt oder ein Tiefdruckgebiet Regen liefert, verändert die Intensität der Würzekochung und damit die Austreibung und Bildung von maßgeblichen Aromastoffen.
Nun existiert eine Diskrepanz zwischen der Erwartungshaltung vieler Konsumenten. Sie wollen standardisierte, immer gleich schmeckende Produkte kaufen was den geschilderten, naturgegebenen Schwankungen entgegensteht. Blending ist daher ein existenziell wichtiges Instrument des Qualitätsmanagements. Durch das Verschneiden verschiedener Chargen kommt es statistisch betrachtet zu einer Nivellierung der Qualität. Daher freut sich jeder Brauer, wenn es die Technik aber auch die Verkaufsmengen zulassen, Sudchargen vermählen zu können. Idealerweise landen bereits 2-3 Sude einer Sorte in einem entsprechend großem Gärgefäß, um sich dann in der Lager- und Reifephase nochmal mit weiteren 2-3 Suden zu vereinen. In jeder abgefüllten Flasche befinden sich dann 4-6 verschiedene Sude! Blending ist daher tatsächlich tägliche Praxis in Brauereien. Die Entscheidung, welche Lagertanks und in welchen Mengenverhältnissen vereint werden, ist eine anspruchsvolle Aufgabe, die neben einer genauen, begleitenden Analytik auch geschulte Sensoriker benötigen. In Belgien ist das Blending von Lambics zu Geuze sogar eine eigene Berufsgruppe. So gibt es Spezialisten, die keine eigene Brauerei besitzen und sich nur dem Blending zugekaufter Lambic-Chargen verschrieben haben. Und auch die Spezialisten für holzausgebaute Biere müssen jedes einzelne Fass untersuchen und daraus einen Verschnittplan basteln.
Sortenvielfalt
Gerade im deutschsprachigen Bierkulturraum haben viele Brauereien ein breit gefächertes Biersorten-Sortiment. Denn wir Menschen sind Individualisten und haben daher auch beim Biergenuss unterschiedlichste Präferenzen. Gerade auf den lokalen Markt fokussierte Brauereien wollen durch Sortenvielfalt eine Abwanderung Ihrer Kunden zu überregional oder national aufgestellten Brauereien entgegenwirken. Zwanzig oder mehr Sorten sind dann keine Seltenheit.
Jeder der schon einmal in einer Brauerei als Braumeister gearbeitet hat weiß, dass diese Sortimentsbreite eine echte Herausforderung darstellt. Beispielsweise in der Lagerhaltung bei den Flaschenausstattungen, bei der Abfüllplanung, wenn permanente Lieferfähigkeit gefordert ist aber insbesondere auch in der Produktion, wenn Tankkapazitäten fehlen oder Randsorten schon in der Brauerei „altern“. Auch hier ist Blending ein probates Verfahren, was nicht nur hohe sensorische Fähigkeiten der verantwortlichen Personen, sondern auch exakte Biersorten-Kenntnisse verlangt. Schließlich sollte es das Ziel sein, jede Biersorte egal wie hoch ihr Anteil am Gesamtverkauf auch ist, in perfekter Qualität zu erzeugen.
Nun, wie wird geblendet? Vereinfacht ausgedrückt geht es darum, mit möglichst wenig Sorten im Sudhaus, möglichst viele abgefüllte Sorten zu erhalten. Das Blending dabei so spät wie möglich, also im Bereich der Filtration und Abfüllung, anzusetzen, um vorrangig möglichst flexibel auf Verkaufsschwankungen reagieren zu können. Ein Helles wird dann durch exakte Dosage von Röstmalzbier zu einem Dunklen, eine Hefeweizen-Charge durch Filtration zu einem Kristallweizen. Ein Blend aus Alkoholfreiem und Vollbier ergibt ein Leichtes und das Hopfenstopfen eines Pale Ales macht daraus ein IPA. Ein Sauerbier wird durch Zugabe von anfermentierter Würze mit anschließender Kurzzeiterhitzung erst „trinkbar“, der Doppelbock wird durch Beimengung von entgastem, aber aufkarbonisierten Wasser zu einem etwas hellerem Bock und der tankgereifte Barley Wine bekommt durch die Marriage mit einem barrique-ausgebauten Pendant das richtige „wood feeling“. Und das Kiesbye Waldbier wird erst durch kreative Blending-Maßnahmen zu dem was es ist. Mix & Match verschiedenster Sorten und Verfahren ermöglicht nicht nur die Ausdehnung des Sortiments, sondern schafft im Idealfall durch ausgleichende Effekte eine Harmonie aus Restsüße & Säure, Hopfendominanz & Alkoholgehalt oder Tannine & maskierende Malzaromatik. Blending ist in der Tat eine oft aus der Not geborene Braukunst, die aber das ganze Können des Braumeisters erfordert!
Blending am Gast
Schon das englische Porter war ein Blend. Denn das sogenannte „Three Threads“ war eine Mischung aus im Holzfass gealterten leichten aber gehopften Stale Beer, einem frischen Small Ale und einem „two penny“ Starkbier, welches erst an der Schank vereint wurde. Dieser Blend war so beliebt, dass George Harwood aus der Shoreditch Brewery 1722 erstmalig ein fertig ausgemischten „Porter“ auf den Markt brachte.
Und der bei uns so beliebte Radler wurde nachweislich bereits im 19. Jahrhundert als ein Blend aus Limonade und Bier unter der Bezeichnung „Shandy“ ausgeschenkt.
In Wien bestellen viele ein „Gmischt`s“, eine Mischung aus österreichischem Märzen und einem Dunklen oder im berühmten „Schweizerhaus“ am Prater ein tschechisches Budweiser mit einem Grieskirchner Dunklen.
Österreich scheint überhaupt gerne zu blenden. In Tirol liebt man den „Sauren Radler“, ein Gemisch aus Sodawasser und Märzenbier. Und die Mühlviertler Brauereien bringen jährlich neu ihr Mühlviertler Cuveé auf den Markt, ein Verschnitt aus 4 ähnlichen Bieren der teilnehmenden Brauereien.
In Belgien ist es ein beliebtes Ritual, ein restzuckerreiches Starkbier mit einem Sauerbier zu vermählen. Dabei wird gleichzeitig! ein Bierkrug mit einer 330ml-Flasche Bush ambreé und einer 250ml-Flasche Lindemanns Peche gefüllt. Ein akrobatisches Einschenk-Ritual, wo beide Flaschen als besondere Herausforderung auch gleichzeitig leer laufen sollten. (Bild von Dirk) Der entstehende Blend ist sehr ausbalanciert, das Zucker-Säure-Verhältnis (Ratio) ausgewogen, die Schwere des Alkohols abgemildert, und das Gaumenspiel aus malzigen Karamellnoten mit Fruchtsorbet-Touch eine spannende Finesse. Im Rahmen unserer Ausbildungen haben wir in den letzten Jahren einige Bier-Verschnitte getestet. (2-3 Beispiele in einem eigenen Kasten aufführen)
( Null-Booster:
50% Brewdogs Nannys State + 50% Edelweiß Weizenbier alkoholfrei
Hoppy Day:
50% Trumer Hopfenspiel + 50% Erdinger Weizenbier alkoholfrei
Bombe:
30% MK Ultra Sour Double IPA + 70% Samichlaus Classic 14vol%)
Ein beliebtes Blending-Ritual ist das „Bierschichten“. Dabei werden 2-3 Biere mit unterschiedlichen Dichten und Bierfarben im Bierglas übereinander geschichtet. Exakte Kenntnisse über die die Dichte beeinflussenden Größen wie Restzuckergehalt, Alkoholstärke und Temperatur und technische Hilfsmittel sind dabei anzuwenden. (Bild black and tan)
Fazit
Das Blending gehört untrennbar zur Geschichte der Bier- und Braukultur und erfordert hochqualifizierte Personen, die sowohl sensorische Qualitäten, gute Biersortenkenntnisse und brautechnologisches Know-How mitbringen müssen. Hier sehen wir in der Zusatzqualifikation zum diplomierten Biersommelier gute Anwendungsmöglichkeiten.
Für alle Fragen zum Thema Blending steht unser Expertenteam gerne zur Verfügung!